Hoffen auf den Frieden, der höher ist als alle Vernunft…

Der Weltgebetstag am 1. März 2024 kommt von Christinnen in Palästina

„Wann wäre unser Gebet um Frieden und Gerechtigkeit je wichtiger und dringender gewesen denn jetzt?“, so sagt Ute Dilger, Pfarrerin und Referentin für Weltgebetstagarbeit in der EKKW.

Es geht nicht nur um den Nahen Osten. Auch hier in Deutschland hat sich der Ton verschärft.
Viele Menschen glauben, sich für eine der beiden Gruppen entscheiden zu müssen, was für heftige Debatten sorgt, für gegenseitige Vorwürfe und Schuldzuweisungen. Das verhindert den Dialog.
„Es heizt die Stimmung an, unter der dann Menschen mit jüdischen und Menschen mit muslimischen Wurzeln hier in Deutschland leiden“, so Dilger.

Tatsächlich erreichten sie Berichte von Frauen, die seit Jahren beim Weltgebetstag mitmachen, die aus Sorge um jüdische Mitbürger*innen an den Mahnwachen vor Synagogen teilnähmen. Ebenso erfahre sie über ihre Teilnehmerinnen von Menschen mit palästinensischen Wurzeln, die in eine tiefe Krise im Blick auf den deutschen Teil ihrer Identität geraten seien. Beide Seiten klagen über einen ausgesprochenen Mangel an Empathie, der ihnen von Seiten der Öffentlichkeit und der Medien entgegengebracht werde.

„Genau da setzen wir ein, wenn wir den Weltgebetstag 2024 feiern und mit Frauen, Männern, Jugendlichen und Kindern rund um den Globus das Friedensgebet feiern, das palästinensische Christinnen in diesem Jahr für uns geschrieben haben“, so Dilger.
Es geht um die Stimmen des Friedens, um die, die sich für Versöhnung und Frieden, für Gewaltfreiheit, für Ermutigung und Gerechtigkeit einsetzen. Das werde sofort klar, wenn man sich die Projekte in Israel und in Palästina anschaue, die vom Weltgebetstag Deutsches Komitee e.V. gefördert werden. Es sind insgesamt 12 Projekte. Die Mehrheit hat Dilger auf einer Studienreise im März persönlich kennengelernt. Das Projekt Wings of Hope etwa, das in Bethlehem berufsbegleitende Ausbildungen in Traumatherapie anbietet, ist ursprünglich am KZ Dachau gegründet worden, wo Gespräche mit Nachkommen von Opfern des Holocaust den Beginn der Initiative machten. Oder Machsom Watch, eine Gruppe von israelischen Frauen, die ihren Staat lieben und darum jeden Tag an die Checkpoints gehen, um zu beobachten, wie das israelische Militär mit der palästinensischen Zivilbevölkerung umgeht. Sie wollen deeskalieren. Und sie diskutieren intern heftig, ob ihre Arbeit, die natürlich unmittelbar Sinn macht, vielleicht doch als Legitimation des Systems aufgefasst werden könnte. Oder Ischa l‘ Ischa aus Haifa, die sich seit Jahrzehnten für die Einführung einer Waffenschrankpflicht für Schusswaffen in Israel einsetzen, da die Zahl dieser Waffen nach den  Anschlägen vom 11.9.2001 in New York massiv zugenommen hätten. Viele Väter arbeiteten jetzt in einer der Security-Firmen, die überall entstanden seien, und legten nach Feierabend ihre Waffe einfach auf den Küchentisch. Die Folge seien viele Erschießungen von Familienmitgliedern im Affekt. Ein Waffenschrank rette da buchstäblich das Leben von Frau und Kindern. Oder das Al Tufula-Center in Nazareth, das Erzieherinnen ausbilde und jetzt Kits zusammenstelle für Familien in Gaza, die mit ihren Kindern die traumatischen Bombardierungen irgendwie verarbeiten müssten…

Das Besondere an all diesen Projekten ist, dass sie das Gegenüber nicht zum unbekannten Feind stilisierten, sondern als Menschen mit Gefühlen, mit Ängsten und Hoffnungen. Das ist genau das, was nötig sei. Und sie hielten gegen jeden Augenschein fest an der Hoffnung auf Frieden, der höher ist als alle Vernunft! Sie könne die Aufregung um die Gottesdienstordnung und das Material nicht verstehen, meint die Referentin, weil sie die starken Frauen, die jedes Jahr den Weltgebetstag vorbereiten, als besonders verantwortungsbewusst und engagiert wahrnehme, wenn es etwa um die Gedenkkultur in unserem Land gehe. „Das sind keine Hamas-Aktivistinnen. Im Gegenteil!“, stellt Dilger klar. „Sie sind es meist, die an ihrem Ort mithelfen, den 9. November zu organisieren, oder Stolpersteine zu verlegen. Sie suchen den Kontakt zu Flüchtlingen und wollen helfen, mit ihnen hier eine Perspektive für die Zukunft zu entwickeln. Sie haben natürlich Mitgefühl mit den Opfern der Hamas vom 7.10., mit den Geiseln und ihren Angehörigen. Zugleich sind sie fähig, Mitgefühl mit der hungernden, verzweifelten Bevölkerung in Gaza zu haben, die unter dem fortdauernden Krieg leidet. Das schließt sich nicht aus! Das geht durchaus beides gleichzeitig, wenn man keine Seite entmenschlicht.“
Ihr ist es ein Anliegen, dass die Frauen wie jedes Jahr, selbst entscheiden, wie sie feiern, was sie ergänzen, wie sie die Dinge für ihren Ort formulieren.
Das deutsche Komitee hat die Ordnung aus Palästina zunächst öffentlichkeitswirksam zurückgezogen und jetzt im Januar eine geänderte Fassung herausgebracht. Dilger hat eine Synopse erstellt, damit die Frauen sich selbst leicht einen Überblick verschaffen können, um dann bewusst und eigenständig zu entscheiden, ob sie die Ordnung im Original belassen oder die vorgeschlagenen Änderungen einarbeiten.
„Wir sind eine Basisbewegung, der nicht von oben gesagt werden kann, was sie zu tun habe oder nicht. Viele machen seit Jahren Weltgebetstag und setzen sich dafür ein, dass wir solidarisch bleiben mit den christlichen Schwestern in Palästina“, so Dilger abschließend.

Das Zentrum Oekumene in Frankfurt, wo der für die Region zuständige Islambeauftragte ebenso wie der für den jüdisch-christlichen Dialog Beauftragte sitzt, hat eine Stellungnahme veröffentlicht, in der es die Kirchengemeinden ermutigt, den Weltgebetstag 2024 zu feiern.

„Wenn wir das in den Kirchen nicht schaffen, weil wir uns spalten und gegeneinander ausspielen lassen, wenn wir nicht bereit sind, mit den Opfern von Krieg und Gewalt auf beiden Seiten mitzufühlen, dann wäre das wirklich ein Armutszeugnis. Denn wann wäre ein Friedensgebet wie dieses aus Palästina am Weltgebetstag 2024 je nötiger gewesen denn jetzt.“

In unserer Gemeinde wird der Weltgebetstag am 01. März um 19:00 Uhr in der Ev.-meth. Kirche, Friedrichstr. 23 und in der Bergkirche Asmushausen gefeiert.
Wir laden alle Menschen herzlich dazu ein, mit uns für den Frieden zu beten.

Weltgebetstagsteam

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